Abschied von Sr. Erna Stocker-Waldhuber
Sr. Erna Stocker-Waldhuber, geboren im Jahr 1933 in Ost-Tirol, wurde am 11. Januar 2024 ins ewige Leben gerufen. Nur kurz vor ihrem diamantenen Professjubiläum nahmen am 20. Januar Mitschwestern, Assoziierte, Freunde und Weggefährtinnen von ihr Abschied.
Als Mitbegründerin des Attat-Hospitals in Äthiopien, wo sie 1967 mit zwei Mitschwestern begann, war sie dem Land und den Menschen zeitlebens verbunden. So fand die äthiopische Ikone mit der Abbildung von Martha und Maria, die ihr sehr lieb war, auch einen Platz in der Liturgie ihrer Auferstehungsfeier. Ihren Sarg schmückte ein schlichtes äthiopisches Kreuz mit einer Rose.
In der Pfarrei St. Ludgerus in Essen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft unsere Essener Schwestern leben, war Sr. Erna viele Jahre auch ehrenamtlich tätig. Pastor Scherges, ein langjähriger Wegbegleiter von Sr. Erna, feierte die Heilige Messe mit den Anwesenden.
In der Liturgie hatte Raum, was für Sr. Erna bedeutsam war - das Evangelium von Martha und Maria ebenso wie Psalm 23, den ein Chor von Mitschwestern sang.
Im Anschluss wurde Sr. Erna von Mitschwestern, Assoziierten und Gemeindemitgliedern sowie Weihbischof Schepers auf den Friedhof in Essen Steele-Horst zur letzten Ruhe begleitet.
+ Wir danken Gott für Sr. Ernas Zeugnis und ihre Treue im Glauben. Möge sie nun in Gottes ewiger Liebe zu Hause sein.
Ein ausführliches "In Memoriam" finden Sie unter den Bildern am Ende der Seite
In Memoriam: Erna Stocker-Waldhuber
Erna Stocker-Waldhuber stammt aus Osttirol – und war damit neben unserer Gründerin Anna Dengel die einzige Österreicherin in unseren Reihen. Sie wuchs auf als Älteste von neun Geschwistern in Thal-Assling, einem kleinen Dorf in den Bergen. Ordensschwester zu werden war zunächst nicht ihr Plan, aber sie wusste schon mit jungen Jahren, dass sie raus wollte aus der kleinen Welt ihres Dorfes und des elterlichen Hofs.
Die ersten Schritte ins Weite führten sie nach Innsbruck, wo sie am Landeskrankenhaus die Ausbildung zur Krankenschwester machte. Sie hat uns erzählt: „Da bin ich einfach so reingerutscht, denn zunächst war der Kurs schon voll, und erst als eine Person abgesprungen war, konnte ich ohne Aufnahmeprüfung die Ausbildung beginnen.“
Durch eine Kollegin im Krankenhaus, die in die Gemeinschaft der Missionsärztlichen Schwestern eintreten wollte, lernte Erna die Gründerin der Gemeinschaft, Dr. Anna Dengel, kennen. Sie witterte die Chance, dass ihr Wunsch, in die weite Welt zu kommen, wahr werden könnte. Ohne Englisch Kenntnisse, doch als diplomierte Krankenschwester, trat sie 1961 in Gelsenkirchen ein.
Bald zogen die Missionsärztlichen Schwestern von Gelsenkirchen in ein großes Haus in Essen-Steele-Horst. Dort verbrachte Erna ihr Novitiat. Nach den ersten Gelübden brach sie auf nach England, wo sie Englisch lernte und die Ausbildung zur Hebamme machte, um sich auf die weltweite Mission vorzubereiten.
Das 2. Vatikanische Konzil hatte gerade stattgefunden. Für die Kirche, aber auch für die Ordensgemeinschaften standen tiefgreifende Veränderungen an. Eigentlich war bei den MMS die Zeit der Neugründungen vorbei, aber Anna Dengel hatte noch ein neues Projekt fest zugesagt, ein Krankenhaus in einer der ärmsten Regionen der Welt: Äthiopien. 1967 machten sich drei Missionsärztliche Schwestern, darunter Erna, auf in eine abgelegene Gegend, weitab der Hauptstadt Addis Abeba, um dort ein Krankenhaus aufzubauen. Erna war bald für die Außenstationen zuständig. Sie war viel unterwegs, anfangs per Maultier, später mit dem Geländewagen, immer mit vollem Einsatz. Sie liebte die Menschen dort und ihre Arbeit, und sie verstand sich prächtig mit den äthiopischen Mitarbeitern. Sie blieb 14 Jahre in Attat, lernte die Landessprache und begleitete Aufbau und Entwicklung des Hospitals.
1981 wurde Erna zurück nach Deutschland gerufen, um für eine erkrankte Mitschwester vorübergehend die Gemeindekrankenpflege zu übernehmen. Drei Jahre sollte der Einsatz dauern. Aber es kam anders. Distrikt Deutschland hatte viele junge Frauen, die noch in der Ausbildung waren, aber nur wenige gestandene Schwestern, die Aufgaben übernehmen konnten. Erna wurde hier gebraucht, und obwohl ihr Herz für Äthiopien schlug, sagte sie JA.
Gemeindekrankenpflege in den 80er Jahren war ein Knochenjob. Sie war immer im Dienst, werktags wie sonntags, morgens und abends. Fachkundig, zuverlässig und unspektakulär versorgte sie die Kranken und Pflegebedürftigen in Essen Steele Horst über viele Jahre. Wir erinnern uns noch gut, wie sehr die Patienten an ihr hingen und die Hausärzte sie schätzten.
Als 1985 über Äthiopien eine Hungerkatastrophe hereinbrach, meldete sich Erna beim Malteser Hilfsdienst als Freiwillige für einen Katastropheneinsatz und wurde aufgrund ihrer Kenntnisse von Land und Leuten und ihrer Sprachkenntnisse sofort genommen. Erna war die Älteste im Team und konnte außer ihrer Fachkenntnis durch ihre schlichte, ruhige Art auch viel Ruhe und Stabilität beisteuern. Fünf Monate dauerte der Einsatz im Flüchtlingslager der Malteser, dann kehrte sie nach Deutschland zurück.
1994 gaben die Missionsärztlichen Schwestern das große Haus in Essen Horst auf, und Erna fand mit 6 weiteren Mitschwestern ihre neue Heimat in St. Ludgerus, Rüttenscheid. Hier arbeitete sie bis zum Eintritt ins Rentenalter auf der Pflegestation im Marienhaus.
Ab 2000 übernahm Erna verschiedene ordensinterne Aufgaben, z.B. das Archiv. Ehrenamtlich half sie gelegentlich in der ambulanten Krankenpflege in der Gemeinde aus, half im Gemeindebüro, und war Kommunionhelferin. Beim Essener Babyfenster übernahm sie Nachtbereitschaftsdienste. Bis vor wenigen Monaten war Erna diejenige, die regelmäßig die Kirche auf- und abschloss. Man konnte sich eben auf sie verlassen.
Erna war eine Frau von großer Geradlinigkeit, Bescheidenheit und einem tiefen Glauben. Ihr Leben hat viele überraschende Wendungen genommen, und sie war stets bereit, sich auf Neues einzulassen. Hatte sie einmal JA gesagt, ging sie den eingeschlagenen Weg in Treue und Zuverlässigkeit. Sie war eine Frau, die tat, was zu tun war, die nicht viele Worte machte und nie im Mittelpunkt stand.
Mit zunehmendem Alter und nachlassenden Kräften entdeckte sie immer mehr Gott als den, der handelt. Sie entdeckte den inneren Reichtum der Kontemplation für sich, und drückte dies einmal so aus: „die meiste Zeit meines Lebens war ich Marta, aber jetzt, die letzten Jahre, bin ich eher Maria, und das tut mir gut.“
Wir vertrauen darauf, dass sie jetzt dem Herrn zu Füßen sitzt und ihr der gute Teil nie mehr genommen wird.
Danke, Erna!